Heute reichen Ehepaare eine gemeinsame Steuererklärung ein. Dieses System der Familienbesteuerung führt dazu, dass Einkommen und Vermögen beider Ehepartner zusammengezählt werden. In vielen Fällen resultiert daraus eine höhere Steuerbelastung für verheiratete Paare im Vergleich zu unverheirateten Paaren (Heiratsstrafe). Vereinfacht gilt: Je ausgeglichener die Einkommen der Ehegatten sind, desto stärker macht sich dieser Nachteil bemerkbar. Ein Blick ins Ausland zeigt, dass mit der Schweiz, Zypern und Griechenland nur noch wenige europäische Länder eine solche Benachteiligung von Ehepaaren kennen. Mit dem vom Bundesrat vorgeschlagenen Bundesgesetz über die Individualbesteuerung soll diese Ungleichbehandlung nun abgeschafft werden. Künftig soll jede steuerpflichtige Person, unabhängig vom Zivilstand, individuell besteuert werden. Die Individualbesteuerung soll die Heiratsstrafe beseitigen und gleichzeitig die Erwerbsanreize, insbesondere für Zweitverdienende, stärken. Damit soll auch dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden.
Wo es Gewinner gibt, gibt es erfahrungsgemäß auch Verlierer. Haushalte, in denen ein Partner den größten Teil des Einkommens erzielt, müssen damit rechnen, künftig mehr Steuern zu bezahlen. Umgekehrt profitieren vor allem Paare mit zwei ähnlich hohen Einkommen sowie viele Konkubinatspaare. Wie stark sich die Reform im Einzelfall auswirkt, hängt von der konkreten Einkommens- und Vermögenssituation ab.
Kritiker der Reform befürchten ein Bürokratiemonster. Da Ehepaare neu zwei separate Steuererklärungen einreichen müssen, rechnet der Bund mit rund 1,7 Millionen zusätzlichen Steuererklärungen pro Jahr, die von den Steuerverwaltungen verarbeitet werden müssen. Der zusätzliche administrative Aufwand ist damit sowohl für die Behörden als auch für die Steuerpflichtigen erheblich.
Nach intensiven Beratungen hat das Parlament die Einführung der Individualbesteuerung beschlossen. Gegen diesen Entscheid hat eine überparteiliche Allianz das Referendum ergriffen. Damit wird die Reform nicht nur im Parlament, sondern letztlich auch an der Urne entschieden – das Volk hat das letzte Wort.
Finanziell hätte die Einführung der Individualbesteuerung, bezogen auf das Steuerjahr 2024, Mindereinnahmen von rund 1 Milliarde Franken zur Folge. Die Reform betrifft zunächst die direkte Bundessteuer; in einem weiteren Schritt müssten auch die kantonalen Steuergesetze angepasst werden. Voraussichtlich wird im Frühling 2026 eine Volksabstimmung über die Vorlage stattfinden.